Gedanken zum neuen Kreuz im Gemeindesaal Heimbach

Gedanken zum neuen Kreuz im Gemeindesaal Heimbach
Gedanken zum neuen Kreuz im Gemeindesaal Heimbach
Gedanken zum neuen Kreuz im Gemeindesaal Heimbach
Helena Rimmele
Veröffentlichungsdatum:
08 Januar 2025
Gedanken zum neuen Kreuz im Gemeindesaal Heimbach

Die Vorgeschichte
 
Die Anfrage von Rudi Hügle.
Kontakt mit dem Künstler Martin Schonhardt, Bildhauermeister und freischaffender Bildhauer aus Simonswald. Zwei Treffen im Mai und Juni 2024 mit dem Künstler und Mitgliedern des Gemeindeteams und Menschen, die sich in diesem Saal aufhalten, Angebote machen und hier singen. Herr Schonhardt ließ sich vom Leben im Haus und in Heimbach erzählen und besichtigte das Gemeindehaus, die Kirche und das Umfeld. Die Wand für das Anbringen des Kreuzes wurde ausgewählt.

Bei einem zweiten Treffen legte Herr Schonhardt drei Vorschläge für ein Kreuz im Gemeindesaal vor und erläuterte sie. In Diskussionen in der Gruppe der Beteiligten fiel dann die Entscheidung für dieses Kreuz.

Dieser Prozess von der ersten Idee bis zur Entscheidung war etwas ganz Besonderes: Ein Künstler, der so genau kennenlernen will, wo und für wen sein Kunstwerk hängen wird und der dann auf Grund dessen, was er hört und sieht, Kreuze entwirft. Und die Beteiligung von Menschen aus der Gemeinde, deren Herz für diesen Ort schlägt die sich dann mit Kunst und ihrer Bedeutung auseinandersetzen. Am 18.12.2024 wurde das Kreuz dann hier angebracht. Abbildungen vom Produktionsprozess liegen aus.

Material
Lindenholz, 4-5 cm dick; greift die quadratische Grundform der Wand auf. Es besteht aus viereinzelnen Platten.

Sehhilfe
Die erste Beobachtung: Das Kreuz fehlt! Das Kreuz ergibt sich als Lichtschlitz und erscheint mit der Wandfarbe weiß oder grau als Schattenwurf. Schaut man von der Seite, so sieht die gerade Linie des Kreuzes wellig aus. Die konzentrischen Kreise sind als Relief erhoben herausgearbeitet. Sie erinnern vielleicht an die Jahresringe eines Baums. Die Flächen zwischen den Ringen sind grün koloriert.

Deutung
Herr Schonhardt hat aus den Erzählungen zu diesem Ort das Thema „Heimat“ herausgefiltert und in dieser Gestaltung umgesetzt. Da ist die Geschichte dieses Hauses, in dem der Vorgängerbau für viele noch im Gedächtnis ist. Hier singt der Kirchenchor, der Kids&Teens Chor, der Dorftreff findet einmal in der Woche statt und da sind die verschiedenen Veranstaltungen drinnen und draußen. Auch der Pfarrgemeinderat hat sich zu einer Klausur hier getroffen. Hier treffen sich Menschen, engagieren sich, sitzen gemütlich zusammen und kommen miteinander ins Gespräch, auch Menschen, für die der Glaube Heimat und Halt ist.
 
Die erste Botschaft, die mir durch dieses Kreuz entgegenkommt, erzählt von der unterschiedlichen Nähe und Distanz zur Mitte. Das ist ein wichtiges Thema in unserer Gesellschaft und der Kirche. Der Bevölkerungsanteil der Menschen, die sich als kirchlich-religiös bezeichnen, nimmt ab, der Anteil der
religiös Distanzierten wächst. Fast 50% der Menschen in Deutschland bezeichnen sich als säkular. Sie gehören keiner der christlichen Kirchen an. Auch in Heimbach stellen sich die Menschen in unterschiedlichem Abstand zu diesem Kreuz, manche näher, manche weiter weg. Dieses Kreuz formuliert die Hoffnung, dass alle in diesem Raum da sein dürfen, dass sie willkommen sind und dass wir den Dialog miteinander suchen wollen.

Die zweite Botschaft ist das Thema Gemeinschaft und Zusammenhalt. Wir leben in einer polarisierten Welt. Zu Themen wie Migration, Sozialpolitik, Klimawandel, Coronaimpfung, Schuldenbremse, Gendern, Waffenlieferungen an die Ukraine, Abtreibung teilen sich die Meinungen sehr schnell in Pro und Contra auf. Es wird erbittert gestritten. Die eigene Meinung ist wahr und richtig. Und alle anderen sind falsch gewickelt, dumm, uneinsichtig und stur und müssen zur Wahrheit bekehrt werden. Dasselbe geschieht in der Kirche, in der Gemeinde. An der Linie zwischen Tradition und Innovation wird erbittert gekämpft. Gegen dieses polarisierte Tauziehen setzt dieses Kunstwerk einen eigenen und anderen Akzent. Ausgerichtet auf die gemeinsame Mitte versammeln sich hier Menschen mit unterschiedlichen Meinungen und lassen sich leben. Im Idealfall hören sie sogar einander zu. Der Zusammenhalt ist wichtig.

Die dritte Botschaft sehe ich hier links am Rand. Da war im Holz wohl ein Ast und man fragt sich: Warum hat Herr Schonhardt nicht eine makellos glatte Holzplatte ausgewählt? Mir gefällt diese Störung im Kreuz, sie erzählt vom so gar nicht perfekten und manchmal richtig scheußlichen Leben. Gut, dass es diese Störung links unten gibt. Sie macht dieses Kreuz echt und lebendig. Für mich hätte es noch der eine oder andere Ast mehr sein können.
 
Und als vierten und letzten Punkt schaue ich auf dieses nicht vorhandene Kreuz, diesen Leerraum. Das Kreuz, die Botschaft Jesu Christi ist nicht einfach vorhanden – sie bildet sich, formt sich, findet Ausdruck, Gestalt und Sprache durch die Menschen, die hier sind, durch uns hier. Ohne dieses gelebte Zeugnis in Wort und Tat ist es nicht da, hat es keine Bedeutung. Das sollten wir nicht vergessen.

Verfasst von Helena Rimmele, Gemeindereferentin, Kath. Kirchengemeinde Emmendingen-Teningen
Teilen Sie uns Ihre Meinung mit
Bitte hinterlassen Sie nachstehend Ihren Kommentar.
        __     ___      _ 
       /  |   /   |    | |
 _   _ `| |  / /| |  __| |
| | | | | | / /_| | / _` |
| |_| |_| |_\___  || (_| |
 \__,_|\___/    |_/ \__,_|
                          
                          
Geben Sie bitte die Zeichen auf dem Bild hier ein
Wir erfassen Ihren Namen, Ihre E-Mail Adresse und Telefonnr., um Ihren Kommentar zu verifizieren und ggf. zu veröffentlichen. Für weitere Informationen lesen Sie unsere Datenschutzerklärung.
In dieser Kategorie ebenfalls zu lesen